„Man kann nie wissen, wie lange der gemeinsame Weg noch ist.
Deshalb sollte man für jeden Meter dankbar sein, den man gemeinsam geht.“

Es war lange ruhig auf meinen Blogs. Ich hatte mich zurückgezogen, um so viel wie möglich für meinen Lebensmenschen da zu sein. Dieser sehr persönliche Beitrag fällt mir besonders schwer, aber Gregor hatte sich von mir gewünscht, nach seinem Tod einen Nachruf zu verfassen. Und dabei nicht seinen beruflichen Werdegang hervorzuheben („Die mich kennen, wissen das eh“), sondern „uns beide“ in den Mittelpunkt zu stellen („Darauf bin ich stolz“). Das „Wir“, das wir auf Grund seiner Krebsdiagnose zurückgehalten hatten und erst sagen wollten, wenn seine Krankheit unter Kontrolle gewesen wäre. Und er wollte nicht, dass in Kollegenkreisen über seine Krebserkrankung gesprochen wurde, bevor er sich fit genug fühlen würde, um selber wieder hinter dem Steuer seines Taxis zu sitzen. Er wollte die Hoffnung nicht aufgeben, er wollte sich nicht aufgeben!

Ein Nachruf … Nein, es ist kein Nachruf im eigentlichen Sinn, es ist eine kleine Beschreibung seines letzten Lebensabschnitts, durch den ich ihn begleiten durfte und den ich auf Gregors Wunsch öffentlich mache. Dass ich nun hier sitze und diese Zeilen schreibe, fühlt sich so surreal, so unwirklich an. Ich möchte aufwachen aus diesem schrecklichen Traum! Doch es ist kein Traum. Es ist die harte Realität — Gregor hat den Kampf gegen den Krebs verloren.

Am 21. März wurde er auf die Palliativstation gebracht. In den ersten zehn Tagen konnten wir noch einige gute und wichtige Gespräche führen, in denen Gregor immer wieder seine Dankbarkeit für unser Zusammensein ausdrückte. Oft bedachte er mich mit einem langen Blick, der mitten ins Herz ging. Wenn es stimmt, dass die Augen das Fenster zur Seele sind, konnte ich seine Seele erkennen. Ich saß täglich viele Stunden an seinem Bett, hielt seine Hände, streichelte sein Gesicht, gab ihm zu trinken und fütterte ihn, so lange er noch etwas essen mochte. Er ließ mich wissen, dass ihm mein Dasein sehr viel bedeutete und fragte mich bei jedem Abschied, wann ich wieder käme. In den letzten Tagen verweigerte er jedoch das Essen und später auch das Trinken. Er reagierte zwar, wenn ich ihn ansprach, er griff auch oft nach meiner Hand, aber eine weitere Kommunikation war nicht mehr möglich. Ich redete trotzdem viel mit ihm, damit er meine Stimme hören konnte, ich spielte ihm Musik vor, die er liebte. Ich bin mir sicher, er spürte, dass ich bei ihm und für ihn da war.

Gestern, am 7. April, war er da, Gregors letzter Tag. Ich war bereits am Vormittag bei ihm und ließ ihn meine Anwesenheit durch meine Stimme und durch zärtliche Berührungen spüren. Kurz nach 10:00 Uhr schlief er für immer ein, ohne Schmerzen und in Frieden. Ich bin unsagbar traurig! Und gleichzeitig einfach nur dankbar, dass ich noch ein Stück des Weges mit Gregor gehen und ihn bis zum Ende und darüber hinaus begleiten durfte.

Du bist gegangen.
Ich lass’ ein Licht an für dich
in meinem Herzen.

hand in Hand

Ja, es mag für viele überraschend sein; wir waren wieder zusammen. „Du bist mein einziger Lichtblick“, betonte er mehrmals. Aber dann, kurz bevor er sein Leben „aufräumen“ wollte und wir unsere Beziehung offiziell machen wollten, zerstörte die Krankheit unsere Pläne, und die Sorgen nahmen ab Beginn des Jahres 2024 überhand. Erste Klinikaufenthalte im Jänner und im März. Dazwischen, im Februar, der plötzliche Tod meines Papas und die unendliche Trauer. Im April Gregors neuerlicher Krankenhausaufenthalt und nach vielen Untersuchungen die Schockdiagnose: Magenkrebs! Ich konnte es nicht glauben! Gregor und Krebs? Er, dieser starke Mann? Doch an der Diagnose ließ sich nichts ändern. In einer stundenlangen Operation wurde ihm der Magen herausgenommen, um den Tumor komplett entfernen zu können. Die Zeit danach bestand aus Hoffen und Bangen, aus Untersuchungen und Klinikaufenthalten, aus Computertomographien, aus der Diagnose „Metastasen“, aus Chemotherapien, die keine Besserung brachten, aus Ängsten und wieder Hoffnungen — vielleicht würde uns noch ein Jahr geschenkt oder mehr? Wir hatten doch so viel vor …

Das Schicksal entschied anders. Gregor musste seine letzte Reise antreten.

Und mein Herz, der Frühling und mein Taxi (auch das war ein Wunsch Gregors) tragen einen Trauerflor.

Beruflich waren wir immer ein unschlagbares Team — er der technische, ich der kreative Kopf, er der Zahlen-, ich der Wortmensch, beide immer voller Ideen und Visionen. Privat ließ sich nicht alles so gut umsetzen wie geplant. Wir hatten uns zweimal getrennt, wir kamen zweimal wieder zusammen. Wir waren glücklich darüber. Aber was wollte uns das Schicksal damit sagen? Ich bin überzeugt, es wollte, dass nichts Unausgesprochenes mehr zwischen uns stehen sollte, dass wir uns unsere Fehler und Fehlentscheidungen verzeihen sollten und dass „diese eine Liebe“ gelebt werden sollte. Und dass Gregor in dem Bewusstsein, bedingungslos geliebt zu werden, in Frieden gehen konnte! Ja, ich bin mir sicher, dass uns das Schicksal deswegen wieder vereint hat. Dafür bin ich dankbar!

Gregor war mein Lebens- und Herzensmensch — länger als mein halbes Leben. Ohne ihn ist nichts mehr, wie es war. Ohne ihn ist „Taxi“ nicht mehr das, was es war, denn ohne Gregor wäre ich wohl nie in dieser Branche gelandet. Für mich ist „Taxi“ so untrennbar mit ihm verbunden! Und jetzt? Kein zufälliges Treffen mehr am Standplatz oder an der Tankstelle. Kein abendlicher oder nächtlicher Anruf mehr: „Bist noch unterwegs? Gehen wir was essen?“ Kein fröhlicher Gruß mehr mit der Lichthupe. Kein erfreutes Winken mehr. Kein spontaner Kaffee mehr. Kein Gregor mehr in seinem Taxi. Er wollte nicht aufgeben. Selbst als er bereits auf der Palliativstation lag, sprach er davon, bald wieder in seinem Taxi zu sitzen. Mein erster Gedanke war: „Taxi ohne Gregor? Ich höre auf.“ Doch genau das hätte er nicht gewollt, daher fahre ich weiter, auch für ihn und mit ihm in meinem Herzen.

Und er? Gregor wird bestimmt hinter dem Steuer seines Taxis oder seines Reisebusses sitzen, in himmlischen Gefilden über die Wolken rollen und alle Schutzengel, die ihn auf seinen irdischen Fahrten begleitet und für seine stets sichere Fahrt gesorgt haben, herumkutschieren. Und sie werden dabei viel Spaß haben!

Danke, lieber Gregor, für unsere gemeinsame Zeit!

Gregor Klausner, 6. März 1942 — 7. April 2025

Bedanken möchte ich mich beim gesamten Team der Onkologie des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder, vor allem bei den Oberärzten Dr. Marc Lehner und Dr. Matthias Vavrovsky, die während der Krebsbehandlung Ansprechpartner für alle Fragen waren.

Ein besonderer Dank geht an das Palliativteam der SALK Hallein um Oberarzt Dr. Wolfgang Janny für Gregors liebevolle Betreuung in seinen letzten Lebenstagen und für die einfühlsamen Worte. Diese Welle an Empathie hat so gut getan in der schweren Zeit! Auch der Umgang mit unserer nicht einfachen privaten Situation (er war verheiratet, ich war seine Freundin) war unglaublich wertschätzend. Und die würdevolle Aufbahrung im Krankenzimmer — ich war tief gerührt.

Bei meinen Freundinnen Carola, Silvia und Viki bedanke ich mich für die vielen Gespräche während der letzten Wochen. Und besonders bei Carola fürs Dasein, Auffangen und Trösten an Gregors Todestag.

Du, der oder die du meinen Beitrag liest: Wenn du Gregor gekannt hast, behalte ihn in guter Erinnerung. Vielleicht zündest du eine Kerze an für ihn. Und bitte denk daran, dass das Leben nicht immer nach Wunsch verläuft und dass das Schicksal oft eigene Pläne hat. Verschiebe nichts auf später, tu es jetzt, lebe jetzt! Und sei dankbar für die Zeit mit deinen Lieben, denn:

„Man kann nie wissen, wie lange der gemeinsame Weg noch ist.
Deshalb sollte man für jeden Meter dankbar sein, den man gemeinsam geht.“